Interview mit Roy Matthes, Jugendleiter von 1860 München
Sportali | Sie haben vom Deutschen Fußballbund (DFB/DFL) drei Sterne für ihre Jugendarbeit bekommen. Eine große Auszeichnung für die Junglöwen aus München. | ||
Roy Matthes | Ja, von maximal 5000 Punkten haben wir 3.500 erreicht. 1860 München war damit in der Spitzengruppe Deutschlands vertreten. Es ging unter anderem um Etatplanung, sportliche Philosophie mit Schwerpunkt Ausbildung, Verwaltung, Marketing und man schaute auf die Infrastruktur. Allerdings sind wir mit vier Rasenplätzen und einem Kunstrasenplatz schon an unsere Grenzen gestoßen. Finanziell ist da im Moment nichts mehr stemmbar. | ||
Sportali | Da sind wir gleich bei einem ganz brisanten Thema angelangt. Gibt es bald schon kein Leistungszentrum mehr von 1860 München? Durch den drohenden Konkurs ihres Bundesligavereins ziehen dunkle Wolken über die Grünwalder Straße. Was heißt das für Ihre Jugendarbeit? | ||
Roy Matthes | Dazu kann ich derzeit nur so viel sagen: Im Moment plane ich die kommende Saison unverändert. Wir haben Gespräche mit Sponsoren und Gönnern aufgenommen und ich gehe heute davon aus, dass es zumindest in der nächsten Spielsaison unverändert bei uns im Nachwuchsbereich weitergehen kann. | ||
Sportali | Dazu kann man nur viel Erfolg wünschen. Nun zu einem anderen Thema: Ab wann steht die Entscheidung an, einen Juniorenspieler wieder zu entlassen. Wie gehen Sie mit dieser Problematik um? | ||
Roy Matthes | Ja, wie geht man mit dem Druck von Spielern um? In der Regel bekommen Eltern und Spieler im Laufe des Jahres mit, wenn es sportlich eng wird. Sie merken plötzlich, die anderen machen mehr Fortschritte als sie selbst. Das kann heißen, sie verlieren Zweikämpfe. Sie sind nicht mehr die Entscheidenden, die in den Trainingsspielen Tore machen. Oder sie sitzen am Wochenende auch mal auf der Auswechselbank. Das kann vielleicht über zwei oder drei Wochen gehen. Natürlich bekommen sie dennoch ihre Einsatzzeiten. Wir wollen ja auch das sich solche Spieler entwickeln können. Stellen wir dann wieder eine positive Entwicklung fest, dann berücksichtigen wir natürlich das auch. Jeder hat bei uns die Chance sich bis zum Schluss für die neue Saison zu qualifizieren. Wenn im April der Knoten platzt, dann nehmen wir den Spieler, der zu Beginn der Saison Schwierigkeiten hatte, auch noch mit in das neue Spieljahr. Keine Frage. Zudem führt man sogenannte Halbjahresgespräche mit Eltern und Spieler. In der Regel findet das Ende Januar, Anfang Februar statt. Das machen wir mit jedem Spieler aus jeder Mannschaft. Wir sprechen über die sportliche Entwicklung. Jeder Spieler weiß im Februar, wie sein Leistungsstand ist. | ||
Sportali | Wie darf ich mir so eine Unterhaltung vorstellen? | ||
Roy Matthes | Das Gespräch findet immer mit einem Elternteil und dem Spieler statt. Wir sagen dann, du bist auf einem guten Weg. Mach so weiter, wir sehen keine Probleme für das nächste Jahr. Es kann aber auch mal lauten, du musst jetzt etwas mehr Gas geben und dich im Training reinhängen, sonst könnte es eventuell knapp werden im Sommer. Ich will damit sagen, der Spieler erhält ein gewisses Feedback über sein technisches und taktisches Können. Außerdem wird auch auf die Schulsituation oder die Persönlichkeitsentwicklung eingegangen. Da sind unsere Trainer auch Pädagogen und Motivatoren, so dass der Spieler vielleicht für die zweite Saisonhälfte noch einmal einen Schub bekommt. Man muss wissen, bei uns bekommt ein Spieler die Zusage nur für jeweils ein Jahr. Niemand wird in der Winterpause verabschiedet. Die Spieler bleiben definitiv bis zum Juli, bis der Mannschaftswechsel stattfindet. | ||
Sportali | Wie viele Nachwuchsspieler holen Sie in der Regel pro Saison zu 1860 München? | ||
Roy Matthes | Es kann natürlich sein das der ein oder andere in der Saison merkt, es macht mir keinen Spaß mehr, da ich zu wenig spiele. Diese Fälle gibt es durchaus. Ich gehe lieber zurück nach zu meinem Heimatverein, da hab ich mehr davon, denn der Aufwand ist mir zu viel geworden. Das heißt, man hat vielleicht eine Größenordnung von drei bis vier Spieler pro Team. Nehme ich jetzt die aktuelle U14, da sind wir bei einigen Spielern skeptisch, ob sie es noch schaffen. Da holt man dann einige Neuzugänge, so dass die Spielerzahl für die U15 wieder stimmt. Falls beispielsweise drei gehen sollten, dann sind die Vier, die man holt, aus unserer Sicht vollkommen legitim. | ||
Sportali | Gibt es eigentlich große Leistungsunterschiede in den Teams und wie wirken sie sich aus? | ||
Roy Matthes | Klar, nicht jeder Jahrgang ist gleich, bei manchen fehlt einfach die breite Spitze an Topspielern. Habe ich allerdings in einer Mannschaft gleich acht bis neun Topspieler, dann wird sich die Nummer neun, zehn und elf ebenfalls enorm verbessern. Was ich damit meine ist, wenn du dich im Umfeld von Spitzenspielern messen kannst, ist das ein ganz großer Ansporn. Da ist es fast nicht möglich Spieler zu finden, die die Nummer neun, zehn oder elf aus so einem Team verdrängen. | ||
Sportali | Das nennt mal dann wohl Glücksfall, aber wie sieht es in der Realität mit talentiertem Nachwuchs aus? | ||
Roy Matthes | Die Entwicklung im Fußball geht dahin, dass gerade im Breitensport Fußball die absolute Spitze fehlt, auch wenn viele gute Spieler da sind. Das liegt auch an den Trainern, die in den kleinen Vereinen die Jüngsten trainieren. Für uns ist es schwierig dort in die Trainerausbildung einzugreifen, das ist Verbandsangelegenheit. Ich meine, gerade bei der Trainerausbildung müsste sich dringend etwas vereinfachen. Wenn ich sehe, dass ein C-Lizenz-Trainer drei Wochen auf Lehrgang fahren muss. Anschließend drei Tage eine Prüfung machen muss, sind das zu hohe Hemmschwellen für einen berufstätigen Vater, der beispielsweise 35 Jahr ist und einen achtjährigen Sohn hat. In der Regel könnte er ein Team trainieren, weil er ja mit seinem Sohn sowieso dabei ist. Die Verbände machen viel, aber es fehlen aus meiner Sicht Crashkurse und eine gewisse Flexibilität. Ich finde, es müsste eigentlich dringend angegangen werden. | ||
Sportali | Was unternimmt 1860 München in puncto Trainerausbildung? | ||
Roy Matthes | Wir haben Kooperationspartner in Dingolfing, Deggendorf, Bruckmühl, Glonntal und Freilassing. Aus diesen Vereinen laden wir jährlich jeweils zwei Trainer zu zwei Fortbildungen bei uns ein. In der Regel kommen sechs bis acht Trainer zu diesen Fortbildungen. Sie werden hier komplett integriert und nehmen viel Trainerwissen mit in ihre Vereine. | ||
|
WERDEN SIE PATE VON SPORTALI ...
Unterstützen Sie uns und unsere Ideen rund um den Jugendfußball. Hier können Sie spenden. Vielen Dank!
Sie müssen zum Kommentieren angemeldet sein. Bitte anmelden oder registrieren.
Tag der Wahrheit
ich drücke den Weißblauen fest die Daumen, da heute ja der Tag der Wahrheit ist. Bekommt 1860 München von den Saudis 12 Millionen, dann gehts weiter. Was aber, wenn nicht? Ein Fan von 1860 München, der weiter ebstehen muss